
Mit Barden aus Frankreich verband ich bis vor etwa einem Jahr nur den schrecklich schief singenden Troubadix aus Asterix, dem jemand (zu Recht) seine Harfe über den Kopf gehauen und ihn an einen Baum gebunden hatte. Bei Alan Stivell hat das zum Glück niemand gemacht. Bekannt wurde Alan Stivell vor allem in den 70er Jahren, als er mit seiner keltischen Harfe traditionelle französische und britische Musik neu interpretierte - viele kennen wahrscheinlich noch
"Tri Martolod". Irgendwann stieß ich per Zufall auf den Mann aus der Bretagne, dessen Harfenspiel mich schlichtweg umgehauen hatte. Da sich vor einer Weile parallel meine Liebe zur Musik der 70er und zu alten Schallplatten entwickelte (und die Alben als CD relativ schwer zu bekommen sind), legte ich mir bald die frühen Werke von Alan Stivell auf Vinyl zu. Neulich stolperte ich dann über das Livealbum „À l’olympia“, das gerade einmal 5 Euro kostete und sich als wahrer Glücksgriff entpuppen sollte. Da weder das Internet, noch die Plattenhülle viele Informationen preisgeben, weiß ich nicht einmal genau, aus welchem Jahr das Konzert stammt. Veröffentlicht wurde die Platte auf jeden Fall 1972. Und wieder einmal denke ich mit leichter Wehmut daran, dass ich vielleicht einfach ein paar (viele) Jährchen zu spät auf die Welt gekommen sein könnte. Denn was damals im Pariser Olympia für eine Stimmung gewesen sein muss, kann man sich heute an vielen Konzerten nur noch wünschen. Neben einigen Liedern aus vorherigen Veröffentlichungen spielte Stivell mit seiner 9-köpfigen Band auch viel bis dahin nicht bekanntes Material, das noch lange Zeit nur auf dieser Liveversion veröffentlicht bleiben sollte. Selten habe ich ein Livekonzert gehört, bei dem man der gesamten Truppe so eine unglaubliche Spielfreude anhört. Neben der erwähnten Harfe durften natürlich Flöten nicht fehlen. Dazu kamen noch Geigen, (E-)Gitarren, Cello, eine Orgel und ein Banjo. Durch den Einsatz der Orgeln entstand ein Touch von Progressive Rock, dann wieder ein wenig in Richtung Jazz (aber keine Sorge, nicht zu viel davon, weil Jazz ist nicht meine Welt) und sehr viel Folk. Gesungen wurde auf bretonisch, französisch und englisch. Das perfekte Zusammenspiel der einzelnen Komponenten machte einfach eine fantastische Mischung, so dass nach jedem Lied das Publikum vor Begeisterung geradezu brüllte. Ich weiß nicht, ob es Einbildung ist, auf jeden Fall bin ich der Meinung, dass ein solches Konzert (dazu noch in einer so außergewöhnlich guten Qualität) von einer Schallplatte abgespielt die Atmosphäre wirklich um Lichtjahre besser wiedergibt als eine „sterile“ CD (für diejenigen, die doch CD´s bevorzugen, das Album kam später als „Olympia Concert“ raus).
Wer also traditionellen, aber kreativ interpretierten und nicht 08/15 Folk gerne mag, sollte sich dieses Album unbedingt zulegen. Ich hätte im Übrigen gerne ein paar hilfreiche Links als Hörproben gepostet, aber leider wurde keines der Videos auf Youtube dieser einzigartigen Platte gerecht. Sollte ich doch noch einen finden, werde ich ihn euch natürlich nicht vorenthalten. Anspieltipps sind (neben wirklich ALLEN Titeln):
"Suite Sudarmoricaine" und
"The King Of The Fairies". Bei mir kam zum ersten Mal überhaupt die Unendlich-Abspielen-Funktion meines Plattenspielers zum Einsatz, weshalb ich hier jetzt einfach ganz dreist zum Blindkauf rate. Oh, und mein inneres Bild vom singenden Barden hat sich mittlerweile übrigens auch gewandelt.
Für mich seit Langem ein absolutes
5 von 5 Sternen Album!
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